Donnerstag, 29. Dezember 2011

Prost Neujahr

Wenn das Neue Jahr erwacht,
dann, ihr Leute, gebt gut acht:
denn es wird ganz anders sein,
als Ihr's Euch ausgedacht so fein!

Montag, 26. Dezember 2011

Ramsenthalers rätselhafte Ratschläge

Herz und Schmerz: das geht nicht mehr.
Das weiß doch längst der letzte Bär.
Trifft’s dich aber trotzdem doch,
spring nicht gleich ins tiefe Loch!
Bleib gelassen und fasse Mut,
und schon geht’s dir wieder gut.

Samstag, 24. Dezember 2011

Weihnacht 2011

Weihnacht

Und wieder rieselt drauß’ der Schnee,
halb nackte Englein vögeln,
ein kühnes, halb verrücktes Reh
will durch die Lüfte Segeln.

Drin unterm trauten Weihnachtsbaum
ist der Vater umgesunken.
Die Mutter torkelt durch den Raum,
wie immer sturzbetrunken.

Der leicht bekiffte Sohnemann
steht hinterm Baum und jodelt,
derweil im Ofen stundenlang
der Weihnachtsbraten brodelt.

Die Tochter voller Heiterkeit
wünscht allen frohe Weihnachtszeit.

Freitag, 23. Dezember 2011

Kulinärrische Verse

VISIONEN

Schwarzer Mokka und Pralinen
sind mir heut nacht im Traum erschienen,
dazu ein Glas mit Armagnac.
Doch leider war's nur Schabernack,
eine berauschende Vision,
ein Traum, ich hatte nichts davon.

Doch als am Morgen ich erwachte,
sofort ich einen Mokka machte,
aß dazu süsse Sahnetrüffel,
trank Armagnac, braun wie die Büffel,
die damals die Indianer jagten
und dabei nimmermehr verzagten.

Indianer sah ich dann im Traum,
sie waren herrlich anzuschaun.
Ich war ein Opfer der Visionen
und möchte hier nur noch betonen,
dass ich sonst früh mich nicht betrinke,
sondern brav zur Arbeit hinke.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Fragmente der Erinnerung

Der irre Blick von Suzanne.
Die Küche in dieser Hütte auf dem Grand Ballon.
Die langen Haare der Beatles.
Die riesigen Zähne von Fernandel.
Das blaue Tuch aus Besancon.
Die Schnäpse mit H. C. Artmann in der Küche von Ramsenthal.
Die Schatzinsel von Stevenson.
Syberbergs Hitler-Film in detr Pagode.
Die Austern in Le Grau du Roi.
Die Müllcontainer vor dem Krankenhaus.
Saint-Pol-Roux in seinem Manoir über dem Atlantik.
Das diffuse Licht auf den Gemälden von Turner.
Die Bilder von Adolf Wölfli
Die Krähe auf dem Boot auf dem Rhein.
Das alte Priesterseminar in Cilaos auf La Réunion.
Die Wanderung auf Korsika.
Die Place des Vosges in Paris.
Die Landschaftsbilder von Caspar David Friedrich.
Die Erzählungen von Anais Nin.

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Ramsenthalers rätselhafte Ratschläge

Tobt mal wieder ein Orkan,
schau dich mal im Spiegel an:
Auch bei dir hat er getobt.
Auch wenn man dich bisweilen lobt,
du bist doch ein altes Wrack,
wie alt du auch bist: ein alter Sack.
Mach dir einfach nix daraus!
Denke nur: Ich bin der Sack vom Nikolaus,
prall gefüllt mit schönen Sachen,
zum Fröhlichsein, zum Lachen.

Samstag, 17. Dezember 2011

Fragmente der Erinnerung

Das Gurren der Tauben vor meinem Fenster
Goethes Ritt nach Sesenheim
Das Treffen von Stanley und Livingstone
E. T. A. Hoffmanns Kater
Das Beinhaus in Oppenheim
Die Inseln im Rhein
Die „Elftausend Ruten“ von Guillaume Apollinaire
Die letzten Gedichte von Arthur Rimbaud
Die Holzschnitte von Kandinsky
Die Melancholie von Baudelaire
Victor Segalen zu Besuch bei Saint-Pol-Roux
Das Selbstporträt von Dürer
Der Morgennebel auf La Réunion
Oscar Wildes Grab auf dem Friedhof Père Lachaise
Die Pflaumen in Armagnac
Die Glatze meines Vaters
Pirandellos Haus auf Sizilien

Freitag, 16. Dezember 2011

Ramsenthalers rätselhafte Ratschläge

Wenn sich hernieder senkt die Nacht,
lenke deine Schritte sacht
in dein Bett, dein frisch gemachtes!
Hinterm Schrank, da lacht es.
Kümmere dich nicht drum,
’s ist nur ein Geist, der spukt hier rum,
weil er böse war im Leben.
Du dagegen, du musst streben
nach dem wahrhaft guten Feinen!
Andernfalls wirst du viel weinen...

Sonntag, 11. Dezember 2011

Ramsenthalers rätselhafte Ratschläge

Trifft dich mal hinterrücks das Glück,
lass es nur herein!
Gib’s am besten nicht zurück,
lass es immer bei dir sein!
Das Glück ist eine rare Sache.
Wenn es dich trifft, dann lache!

Freitag, 9. Dezember 2011

Die 25 schönsten Bayreuth-Gedichte

Helden

Helden tingeln, Kassen klingeln,
Frauen weinen für den einen
Sänger mit der Heldenbrust.

Pilger kommen und verkommen,
wenn sie warten auf die Karten
vor dem Tempel voller Frust.

Manche haben frohe Mienen,
weil sie an all dem viel verdienen.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Die 25 schönsten Bayreuth-Gedichte

Krähwinkel

Beachtlich kräht hier der Tenor,
dann kräht auch noch der Chor,
und dieses schöne Krähen
wollen viele nicht verschmähen.

Am nächsten Tag im Heimatblatt
krähen die Journalisten.
Wer nichts zu krähen hat,
der kommt auf schwarze Listen.

Es krähen die Sponsoren,
die kühnen Matadoren,
es krähen auch die Bürgermeister,
verkünden kleberigen Kleister.

Bei uns kräht jede Kräatur,
ganz feierlich, in Moll und Dur.

Dienstag, 6. Dezember 2011

Die 25 schönsten Bayreuth-Gedichte

Kultur

Alle, die Kultur betreiben
Werden arme Trottel bleiben.
Denn ich sag es euch genau:
Das int’ressiert doch keine Sau!

Bücher schreiben, Bilder malen,
Zauberei und Tricks mit Zahlen,
Wagner auf der Fiedel geigen
oder andre Künste zeigen:

Dafür gibt es hier und heute
So gut wie gar nichts, liebe Leute.
Manchmal kriegt man auch zu hören,

dass die Kulturbetreiber stören.
Darum, Leute, geht zum Boxen
zusammen mit den andern Ochsen!

Montag, 5. Dezember 2011

Vorsicht Weihnachten

Wenn die Elche sich betrinken,
wenn die Englein lüstern winken,
dann, ihr Leute, ist's so weit:
Dann kommt die schöne Weihnachtszeit!

Sonntag, 4. Dezember 2011

Die 25 schönsten Bayreuth-Gedichte

Auf dem Kanapee

Wo auch immer, wann und wie:
Ich begreif es nie,
wie einer stundenlang
das ertragen kann:

Das Singen der Tenöre
und der Matrosenchöre
das Wimmern der Walküren.
Und auch die Ouvertüren
sind mir viel zu lang.
Ich krieg dann einen Drang
und muss schnell urinieren,
sonst müsste ich krepieren.

Ich bitt euch: Seid nicht böse!
Ich bleib zuhaus und döse
auf meinem Kanapee
mit einem Beaujolais.

Samstag, 3. Dezember 2011

Die 25 schönsten Bayreuth-Gedichte

Autogramme

Wer ihn Bayreuth was auf sich hält,
hängt Autogramme an die Wand.
Wohl zahlt man dafür manchmal Geld,
doch macht man sich auch interessant.

Ein Restaurant kann man vergessen,
wenn da nicht liegt ein Gästebuch,
wo alle, von dem Sopran bis zu den Bässen,
schrieben hinein des Sängers Fluch.

Besitzt man gar ein Konterfei
mit Signatur von einem Festspielhelden,
dann ist man fast schon sorgenfrei,
kann bald als Millionär sich melden.

Freitag, 2. Dezember 2011

Ramsenthalers rätselhafte Ratschläge

Hast du mal zu gar nix Lust,
mach dir erst einmal bewusst,
dass dies gar nix Schlimmes ist.
Denn du nicht geboren bist,
um andauernd Lust zu haben:
Lust zu lachen, Lust zu graben...
Habe Lust, wie’s dir beliebt!
Am schönsten ist die Lust,
die man sich selber gibt.

Donnerstag, 1. Dezember 2011

Die 25 schönsten Bayreuth-Gedichte

Hört

Hört, es klingt die Tröte wieder:
Wagner, Wagner! schallt's vom Berg.
Ehern knallen die Töne nieder
in die Ohren von manchem Zwerg.

Böses Bitten, wild Verlangen...
Elsa, du bist eine böse Braut!
Durch die Nacht, die sie umschlungen,
tönen ihre Klagen laut.

Und dann an diesem heil’gen Ort
spricht Wotan noch ein wahres Wort:
Soll dir in Bayreuth was gelingen,
musst du es mit Wagner bringen!