Samstag, 30. Januar 2010

Aus Ramsenthalers Lexikon der Lebensweisheiten

Du mußt lernen, Stunden, ja Tage untätig aber in heiterer Stimmung verstreichen zu lassen.

Auch du bist überflüssig. In einer Überflußgesellschaft ist das nicht verwunderlich.

Wir leben im Zeitalter des Unechten: Gefühle, Gedanken... alles unecht.

Auf der Suche nach dem Ursprünglichen kann es sein, daß man große Sprünge machen muß.

Wer zum Uferlosen tendiert, kann leicht untergehen.

Wenn du schon ein Ungeheuer sein willst, darfst du dich nicht daran stören, wenn du dir selber nicht ganz geheuer vorkommst.

Die Unlust kann auch als Lust empfunden werden.

Du mußt verzeihen können, auch dir selber.

Irgendwann besteht dein Leben fast nur noch an Erinnerungen an verpaßte Gelegenheiten. Verpasse also die Gelegenheiten so, daß du dich später mit Vergnügen daran erinnern kannst.

Freitag, 29. Januar 2010

Ramsenthalers Zaubersprüche

Der Fluch
des Buches
steht im Buch
des Fluches
wenn du es findest
verfluch es

***

Löse das Leben
und locke den Luchs
so wie die Wurzel
den Wuchs

***

Fröne dem Laster
im Laster
mit einem Kataster
und wenn er nicht klemmt
dann passt er

***


Durch Poetik
und Hermetik
vernichtet man
Analästhetik

Donnerstag, 28. Januar 2010

Aus Ramsenthalers Lexikon der Lebensweisheiten

Manche Menschen sind besser als ihr Ruf, doch man hört nichts davon.

Schaff dir deine eigenen Rituale und folge nicht den dämlichen und phantasielosen Ritualen der Gesellschaft.

Mißachte die Regeln, wenn du anders nicht weiterkommst.

Ernähre dich redlich und rede nicht viel.

Alles läuft darauf hinaus, das Rentenalter völlig abzuschaffen; früher oder später wird man Sechzigjährigen die entsprechenden Tabletten geben.

Du mußt nicht jede(n) gleich umarmen, um deine Sympathie zu demonstrieren, die unermüdlichen Umarmer und Küßchengeber sind die Judasse unserer Zeit.

Erst, wenn du merkst, daß du bist, wie du nicht sein willst, kannst du versuchen, das zu ändern.

Wer heute in Würde sterben will, muß einiges dafür bezahlen.

Es gehört auch zur Lebenskunst, das Scheitern, das jeden treffen kann, elegant zu meistern.

Mittwoch, 27. Januar 2010

Fast follkommene Fragmnte

9.
Und die Jahre
gingen ins Land
und wir lebten
glücklich dahin
wie im Märchen
Nur ganz versteckt
lauerte die
Unzufriedenheit


10.
Langsam steigt
die Sonne ins Tal
ohne zu wärmen
Gleichwohl
möchte man doch
die ganze Welt umarmen


11.
Es ist zwar da
doch es will
mir nicht einfallen
Es umgibt mich
doch ich komme nicht
an es heran
Ich muß es wohl
in Ruhe lassen


12.
Wer aber will
mir verraten
wie die Rätsel
zu lösen sind?


13.
Immer wieder
zieht es mich hinab
in den Schlund
Langsam erst
beginne ich mich
dagegen zu wehren

Dienstag, 26. Januar 2010

Aus Ramsenthalers Lexikon der Lebensweisheiten

Fliehe nicht die Trivialität, sie kann sehr erholsam sein.

Manchmal mußt du dich betrinken, um nicht zu ertrinken.

Nur in ihren Träumen entkommen die meisten Menschen ihren Zwängen.

Der Teufel verdient am meisten an den Geschäften der Gottesmänner.

Zum Tier werden: Warum nicht? Du wirst dann vielleicht mehr gestreichelt oder gefürchtet.

Genieße das Traurigsein, auch wenn du keinen Grund dafür hast.

Die Toten sind angekommen.

Unsinn macht manchmal mehr Sinn als der Sinn.

Wie gerne würden doch manche wieder Ureinwohner werden, aber das ist nirgendwo mehr möglich.

Selbst im gepflegtesten Rasen lauern Ungeziefer.

Rechne immer mit dem Unwahrscheinlichen: Du kannst mitten im Wald auf einer wilden Müllkippe eine dort versehentlich abgeladene Zigarrenkiste mit einigen tausend Dollar finden.

Montag, 25. Januar 2010

Traumtiere

Hörst du im Traum Gazellen bellen
wird man dich bald als Mörder stellen

Spielt nachts ein Gilamonster Bach
gibts Ärger viel und Ungemach

Vögelt im Traum ein Huhn den Hahn
steht Neues in der Liebe an

Wenn dich im Traum ein Hund bepisst
dir großes Glück beschieden ist

Träumst du von rolligen Hyänen
kriegst du Ärger mit den Zähnen

Ein Jaguar im Traum ist gut
bringt neue Energie ins Blut

Doch wenn ein Jaguar dich beißt
das große Depression verheißt

Traumtiere

Träumst du von einem Austernmahl
hast du bald Sorgen ohne Zahl

Träumst du von Bären in Aspik
bist du bald abscheulich dick

Spricht dich im Traum ein Biber an
dies großes Glück bedeuten kann

Träumst du von schwarzen Dohlen
wird dich bald der Teufel holen

Siehst du im Traum drei Dromedare
hast du bald eisig graue Haare

Träumst du von Eseln auf der Weide
bedeutet dies viel Herzeleide

Träumst du von trauersatten Eulen
wirst du am nächsten Morgen heulen

ff

Sonntag, 24. Januar 2010

KANT ZU EHREN

Das Ding an sich
ist ein Dinkelbier
der sündigen Hasen
mit dicken Nasen

Kulinärrische Verse

ENTZUGSERSCHEINUNGEN

Brave Kinder essen gerne
Eis und Schokoladensterne
böse aber auch

Dennoch war es stets der Brauch
böse mit Entzug zu strafen
Nachtisch kriegen nur die Braven

Samstag, 23. Januar 2010

Ruhe und Bewegung - Auswahl 1

Sehen Sie im Verfasser dieser Zeilen den Helden eines Romans und stellen Sie sich die (Nicht-)Ereignisse vor, denen er ausgesetzt sein könnte.

Sich bewegen entlang der ruhenden Dinge: gefährlich.

Und immer der Wunsch, selbst ein ruhendes Ding zu werden.

Etwas über die Ruhe sagen, widerspricht dem Prinzip der Ruhe. Doch vielleicht muss es gesagt werden, um endlich Ruhe zu haben.

Der Infinitiv: das Verb in Ruhe (Zeit- oder Tätigkeitswort?). Unvorstellbar: da wir immer Aktionen sehen.

Die Bewegungslosigkeit ist oft eine erzwungene Haltung, da jeder Raum für eine zufrieden stellende Bewegung verbarrikadiert ist.

(aus: F. J. Schultz: Ramsenthaler, der Melankomiker aus Oberfranken... Berlin 1988. S. 80 ff.)

Freitag, 22. Januar 2010

Aussichten

Ich denke mir immer:
Es wird noch schlimmer.
Es wird nicht besser!
Wir landen alle
unter dem Messer.

Mittwoch, 20. Januar 2010

Ramsenthalers Zaubersprüche

Spiele das Nichts
und schlinge das Sein
werde vermessen
und unsagbar klein

Rufe die Botschaft
in dunkler Nacht
so wie's die Helden
schon immer gemacht

Küsse den Schädel
und das Gebein
dann wirst du immer
und ewiglich sein

Aus dem Leben der Akademiker

Il Professore

Wenn der alte Professore
weise wie ein Guru spricht,
glaubt er sich auf der Empore,
alle lauschen ganz erpicht.

Gern zitiert er Macchiavelli,
denn die Macht gefällt ihm gut.
Und kommt es mal zum casus belli,
brüllt er rasend voller Wut:

Ihr seid doch arme Kreaturen!
Ohne mich wäret ihr nichts!
Ihr hinterlasst doch keine Spuren!
Außer mir kommt lange nichts!

Ja, so ist der Professore:
edle Anmut con furore.

Montag, 18. Januar 2010

Ramsenthalers Träume

Abgrund

Ein Abgrund tat sich vor ihm auf,
vergeblich wollte er hinauf,
doch immer näher rutschte er
zum Abgrund hin, zum schwarzen Meer.
das unten auf ihn harrte...
Da nahm er eine Karte
von Australien,
schon war er in Italien
und hatte Sex mit sechzig Frauen,
die..., doch mehr war nicht zu schauen.

Sonntag, 17. Januar 2010

RAMSENTHALERS TRÄUME

Torten

Ganz gleich an welchen Orten
träumt er oft von Torten:
Sachertorte, Käsesahne,
mit Pflaume, Apfel und Banane,
mit Schoko, Marzipan und Nuss,
im Guss auch gerne einen Schuss
Orangen- oder Kirschlikör...
All das, das liebt er doch so sehr,
dass er nach solchen Träume sagt:
O gäb' es das doch jeden Tag!

Donnerstag, 14. Januar 2010

Manchmal gibts an Wintertagen
einfach einmal nichts zu sagen.

Mittwoch, 13. Januar 2010

Ontologie

Ich bin
Du bist
Wir sind
Ihr seid
Wir tragen all
das gleiche Kleid
Wir haben alle
nichts zu lachen
und müssen dennoch
weitermachen
Aus Ramsenthalers Lexikon der Lebensweisheiten:

Es gibt keinen Sinn, aber viele Formen von Sinnersatz: Disziplin, Religion, Vernunft, Zen... Du hast die freie Auswahl.

Wer das Sagen hat, verbietet gern anderen das Wort.

Wer zu viel mit sich selber redet, findet nur eine Selbstsicherheit, die auf schwachen Füßen steht.

Systeme verfestigen sich; die Abtrünnigen schaffen für kurze Zeit Freiheit, dann ein neues System.

Manche Menschen schauen lieber in trübe Spiegel.

Wir sind Spielbälle der Götter, die es nicht mehr gibt.

Sei froh, wenn du nicht zu denen gehörst, die immer scheitern, ganz gleich was sie tun.

Mit der Spaßkultur hat der Spaß ein Ende.

Dienstag, 12. Januar 2010

AUS DEM LEBEN DER AKADEMIKER

Zauberspruch

academix acadumm
wissenschaft & streben
koitales kompendium
zitate & zibeben

kunterbunt & konstruktiv
apendix abendland
imanent & instruktiv
harakiri hand in hand

prämonstrale prätation
interkulturell
semantisches symposion
geistig generell

blut zu blute hirn zu hirn
Erleuchte meine denkerstirn!

Montag, 11. Januar 2010

Aus Ramsenthalers Lexikon der Lebensweisheiten:

Alles führt irgendwohin und dann wieder weiter.

Sich einIgeln: nicht immer zu empfehlen, aber machmal ganz erholsam, und die Stacheln sollte man sowieso viel öfter zeigen.

Wer allzuviel improvisiert, ist kaum imstande, in der Hierarchie der Machtmenschen weit nach oben zu kommen.

Intelligenz kann auch bei Tellerwäschern vorhanden sein, was die Neunmalklugen aber nicht wahrhaben wollen.

Nicht immer ist es angenehm, intim zu werden.

Irrtum macht noch kein Genie.

Die Sehnsucht nach Italien kann zur Sucht werden.

Der Jahrmarkt der Eitelkeiten ist auch nicht mehr das, was er einmal war.

Zu jubeln gibt es wenige Anlässe. Laß dich aber trotzdem nicht davon abhalten.

Sonntag, 10. Januar 2010

IDENTITÄT

Google kennt mich ganz genau
und ich kenne Google.
Google weiß: Ich bin die Frau
vom Herrn Minister Hugel.
Hugel aber ist 'ne Frau,
ganz geschlechtsumwandelt.

Damals war er noch ein Mann,
als ich, ziemlich polygam,
mit ihm angebandelt.
Heute bin ich, ganz fatal,
ein neutrales Wesen.
Google ist das ganz egal,
will mich nur noch lesen.

Aber ich bin Ramsenthaler,
ein verfress'ner, gar nicht schmaler,
ganz multipler Geist -
nach Diktat verreist.

Samstag, 9. Januar 2010

KULINÄRRISCHE VERSE

Aphrodisiaka

Das rosa Fleisch der Lambimuschel
erweckt die Liebeslust:
Du brauchst ein zärtliches Gekuschel
und heiß dich paaren musst.

Andre reiben Tigerpenis
in warmes Hasenblut,
und an den Buchten der Ägäis
macht man's mit Wurzelsud.

Die Franken lutschen Stangenspargel,
in Butter kurz geschwenkt,
die Wiener kauen alte Quargel,
wenn sich die Nacht herniedersenkt.

Ob's wirklich nutzt, kann keiner wissen...
Nach manchem kann man sehr gut pissen.



(aus einem Kalender für das Jahr 1997)

Freitag, 8. Januar 2010

Nacktscanner nur für FKK-Anhänger!
Mythen & Co GmbH KG

Wir bieten alle Weltzeit-Mythen
in ganz speziellen Plastiktüten.
Ob postanal, ob struktural,
mit unsern Mythen ists egal,

ob man die Welt verändern will
oder ob man lieber still
hinter seinem Ofen hockt,
auch wenn die Weltverbess'rung lockt.

Wir machens intermedial
okultisch, mystisch und astral,
zur Not auch gerne penidal:
Wir bieten Mythen ohne Zahl!

Die Konstruktion ist uns vertraut,
Dekonstruktion ist unsere Braut,
mit der wir gerne Sie beglücken
und Ihr Hirn ad hoc bestücken.

Sie finden uns im Internet,
bei Google und in Ihrem Bett.
Mit Mythen machen wir Musik
auf Spanholzmöbeln oder Teak.

Wir machen müde Mythen munter,
wir holen uns die Mythen runter.
Und gehts mal drunter oder drüber:
Wir schicken neue Mythen rüber!

Ob postbanal, ob surreal,
ob hinterfotzig pränatal,
ob demokratisch, ob feudal:
Wir bieten Mythen ohne Zahl!

Mittwoch, 6. Januar 2010

Fast follkommene Fragmente

6.
Klirrend
sagt man
von der Kälte
Eher zieht sie sich wie
eisiger Samt
über das Land




7.
Die Nacht verging,
und ich schlief einen
unruhigen Schlaf
Am Morgen irrte ich
durchs Haus
denn eine böse Begierde
hatte von mir
Besitz ergriffen




8.
Ob es mir morgen
wieder gelingen wird
Sinn zu finden
in dieser übervollen
sinnlosen Welt?

Dienstag, 5. Januar 2010

6. Januar

In Bayern trinkt man Stärke an,
in Preußen muss man schuften:
So klaffen bis zum heut'gen Tag
in Deutschland tiefe Kluften.

Sonntag, 3. Januar 2010

Aus Ramsenthalers Lexikon der Lebensweisheiten:

Feine Melancholie ist erträglicher als lärmender Frohsinn.

Alle Menschen sind Schauspieler, was den Beruf des Schauspielers doppelt schwierig macht.

Eine Mode erkennen viele erst dann, wenn sie aus der Mode gekommen ist.

Das Leben ist ein Maskenball, doch die Masken sind so schlecht, daß sie nicht mehr prämiert werden.

Viele Menschen sind Mülleimer, die wahllos mit Unrat gefüllt werden – nicht selten von ihnen selber.

Minderheiten muß man ertragen, aber nur, wenn sie verträglich sind.

Manchmal mußt du jammern, um dir Mut zu machen.

Genieße die Melancholie der Nebel- und Regentage!

Freitag, 1. Januar 2010

Manchmal gibts an Wintertagen
einfach einmal nichts zu sagen.
Zum Neuen Jahre eine

BRATWURST

Der Zirkus war klasse
Pinguine traten auf
sie speisten im Frack
an einer blendend weißen Tafel
Die Zuschauer allerdings
gingen leer aus
Die Mägen knurrten
wie die Tiger der nächsten Nummer
Nach der Vorstellung waren wir
so hungrig und gierig
dass wir den Bratwurststand gegenüber
ratzekahl fraßen
mit Pommes natürlich