Mittwoch, 28. September 2011

Aus den geheimen Notizheften des Herrn Ramsenthaler

Seltsam...

An Bahnhöfen, besonders an Flughäfen kann man viele seltsame... Menschen beobachten: ein Japaner mit tief sitzender Lesebrille an der Kaffeebar; ein Ehepaar, das voller Konzentration Sudoka-Rätsel löst; ein Liebespaar, das sich die ganze Zeit über schweigend in die Augen blickt; eine nicht mehr ganz junge Frau, auf deren T-Shirt zu lesen ist „Now or never“.

Einsamkeit macht seltsam...

Alkohol macht seltsam...

Wer weiß, dass er gut ist, und zugleich feststellen muss, dass kein anderer dies so sieht, wer also wenig oder gar keine Anerkennung bekommt, wird seltsam..., leidet an Verfolgungswahn und anderen Phobien.

Skurrilität kann aus dem Negativen entstehen. Aus Sozialangst zum Beispiel. Wer Angst davor hat, unter Menschen zu gehen, wird seltsam... Wer aber sagt: Ich will mit diesen Arschlöchern nichts zu tun haben! Ich verhalte mich auffällig, um mich von ihnen zu unterscheiden. Der hat einen positiven Ausgangspunkt für seine Skurrilität. Und außerdem noch einen Bezug zur Gesellschaft, denn er will ja als seltsamer... Kauz wahrgenommen werden.

Ein Mensch, der niemals angekommen ist, wird mit der Zeit seltsam...

Seltsame... Menschen sind verdächtig. Man mag sie nicht. Wenn sie allzu sehr auffallen, wird versucht, sie aus dem Verkehr zu ziehen. Wenn sie sich als Künstler, Clown usw. tarnen, haben sie größere Chancen, nicht behelligt zu werden. Wenn aber der Erfolg ausbleibt, werden auch sie ruhig gestellt.

Die Zahl der Psychologen und Psychiater wird immer größer, ebenso die diesbezüglichen Kliniken. Es gibt halt immer mehr Menschen, die als seltsam... betrachtet werden und die man so nicht gebrauchen kann.

Jeder Mensch entwickelt im Lauf seines Lebens Eigenheiten, die von den Anderen als seltsam... erachtet werden. Wenn einer dem Andern schaden will, muss er nur diese Eigenheiten als Vorstufen des Wahnsinns bezeichnen.

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