Donnerstag, 7. Oktober 2010

Professor Schulze und die Weiber (Forts.)

"Und außerdem", fuhr Agathe mit strenger Stimme fort, "sollst du dich ernsthaft mit deinen Weibergeschichten beschäftigen."
Julius war ganz zerknirscht und versprach, dies zu tun.
Zuhause angekommen wurde er allerdings erst einmal abgelenkt, und zwar durch einen Brief von einer amerikanischen Universität. Ein Professor Meyer schrieb:
"Sehr geehrter Herr Professor Schulze, zwar weiß ich, dass Sie die Universität verlassen haben, gleichwohl möchte ich Sie bitten, an unserem Projekt mitzuarbeiten. Es geht um die indogermanischen Wurzeln der Wagnerschen Frauengestalten usw."
Schon wieder rätselhafte Weiber, dachte sich Julius, freute sich aber, dass man zumindest in den USA an einer Zusammenarbeit mit ihm interessiert war. An der bayerischen Universität, an der er lange Jahre unterrichtete, hatte sich keiner um ihn gekümmert. Man hatte ihn, wie schon anfangs gesagt, für einen Spinner gehalten.
Er machte sich gleich eine Liste: Elsa, Isolde, Ortrud...
Seltsam, dachte er sich, mit diesen Namen gab es auch Frauen in meinem Leben. Ob da ein Zusammenhang besteht? Aber wer lange in Bayreuth lebt, wird nach und nach durch Wagnersches Gedankengut schleichend verseucht. Wenn die schöne Bäckerin einen fragt: Was solls denn heute sein? singt man automatisch: Nie sollst du mich befragen...

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